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„Hallo, ich bin`s die Trauer“

„Hallo Du, ja Dich mein ich, muss ich noch lauter werden, so richtig laut? So mit voller Wucht und Energie kann ich mich Dir auch zeigen. Ich kann dabei aber ziemlich überfahrend und laut sein!

Ah, jetzt habe ich Deine Aufmerksamkeit, Danke! Hallo noch einmal. Ich weiss, ich bin nicht wirklich eingeladen worden zu Dir zu kommen, und es mir womöglich auch noch bequem auf Deinem Sofa zu machen, aber jetzt bin ich erst einmal da. Und ich bleibe auch ein Weilchen, vielleicht bleibe ich auch Dein Leben lang. Aber keine Angst! So laut, wie Du mich am Anfang kennen gelernt hast, werde ich nicht bleiben. Ich bin die meiste Zeit eher leise, stehe an Deiner Seite, oft bemerkst Du mich dann gar nicht. Ausser es stehen besondere Tage vor Deiner Tür, dann melde ich mich wieder etwas öfter und auch lauter. Schliesslich möchte ich nicht vergessen werden – also ich, die Trauer, oder besser der geliebte Mensch den Du verloren hast. Und da kommen wir auch schon auf den Punkt. Ich ziehe nur bei Dir ein, wenn Du jemand sehr wertvollen, einen geliebten Menschen, der Dir nahe steht, verloren hast. Die Liebe ist ein wichtiger Partner von mir, auf sie bin ich angewiesen. Ohne sie würde ich gar nicht existieren.

Ich habe aber auch noch andere Begleiter wie die Angst, die Wut, die Scham, die Schuld… Sie klopfen auch an Deine Tür. Manchmal schafft es eine oder mehrere von ihnen auch zu Dir nach Hause, sie schlüpfen erst einmal ganz unbemerkt durch Deine Tür. Und dann feiern sie eine Party, sie sind so penetrant und aufgeblasen, dass es für mich dann gar nicht mehr möglich ist, mich zu zeigen. Ich verstecke mich dann im Keller. Dort bleibe ich eine ganze Weile. Ab und zu schaue ich mal durchs Schlüsselloch oder spitze durch einen Spalt der Tür, in der Hoffnung raus zu können um wieder Platz auf der Couch zu bekommen, um mich mit Dir zu unterhalten. Wenn ich es schaffe, wieder auf meinem Platz zu sitzen, und wir uns miteinander beschäftigen, Du mich kennen lernst und ich Dich, dann wirst Du mich besser verstehen, mich die Trauer. Dann lenken auch die anderen Gefühle nicht gekonnt von mir ab und können ganz allmählich wieder verschwinden. Vermutlich kommen sie auch noch hin und wieder auf einen Besuch, aber sie sind nicht mehr so mächtig.

Dann ist es Dir vermutlich auch möglich, wieder besser durch zu atmen, besser zu schlafen, weniger Schmerzen zu haben, oder nehmen einfach andere Probleme, die sich in den Vordergrund gedrängt haben, ab. Wenn der Seelen-Schmerz gepflegt wird, kann auch der Körper besser heilen. Schliesslich pflegst Du auch Dein gebrochenes Bein so lange, bis es wieder funktioniert, oder?

So ich glaube, ich habe mich Dir nun recht ausführlich vorgestellt und ich hoffe, dass Du mich nicht mehr „nur“ als Bedrohung siehst. Ich danke Dir, dass Du mir zugehört hast, und grüsse Dich!“

Udo Baer hatte in seinem „ABC der Gefühle“ ebenfalls die Trauer beschrieben, das war meine Anregung meine eigenen Worte für die Trauer zu finden. Ich fand es rührend bei Udo Baer zu lesen und zu verstehen, wozu die Trauer da ist, welche verschiedenen Seiten und Facetten sie tatsächlich hat.

Wie kannst Du nun Deiner Trauer begegnen, ohne gleich in ein riesiges Loch zu fallen?

Hier sieben Möglichkeiten, wie Du das machen kannst.

  • Lebe einen Tag nach dem Anderen. Mehr geht nicht und mehr musst Du auch nicht!
  • entdecke und etabliere kleine Rituale in Deinen Alltag, sie geben Dir Halt (z.B. zünde jeden Abend für Deinen geliebten Menschen eine Kerze an)
  • beginne ein Trauertagebuch zu schreiben
  • schliesse Dich einer Trauergruppe an, dort weiss jeder wie Du Dich fühlst, Du musst nicht viel erklären
  • nutze Deine Familie und Freunde wenn möglich (sie können Dir vielleicht im Haushalt, oder mit den Kindern helfen, einmal einkaufen gehen, oder auch einmal etwas kochen, mit Dir spazieren gehen. Sie können einfach da sein und Dir konkret helfen)
  • male und gestalte bei einer Kunsttherapeutin, in einer Malgruppe, oder auch alleine. Über das Malen können wir uns ohne Worte ausdrücken, über Farben, Formen und Symbole. Oder einfach ein wenig die Zeit vergessen und entspannen. Mandalas oder Zentangle sind da auch eine gute Möglichkeit. Hier habe ich dazu auch schon etwas geschrieben
  • suche Dir einen „tollen Therapeuten“ oder Trauerbegleiter der Dich in Deiner Trauer begleiten kann, so bist Du nicht allein und kannst Dich sicher fühlen. Ausserdem sind sie geschult und Du brauchst Dir keine Gedanken machen, dass Du sie zu sehr belasten würdest.

Ich würde gerne wissen, wie Du Deine Trauer erlebst? Wie hat sie sich Dir bisher vorgestellt? Schreib mir dazu doch einen Kommentar, und wenn Du möchtest, auch etwas dazu, was Dir bisher geholfen hat.

Gerne begleite ich Dich auch ein Stück Deines Weges. Wenn Du möchtest, melde Dich bei mir!

Alles Liebe

Deine Katharina

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